Endlose Debatten, zermürbende Gesetzestexte, ungezählte Anfragen aus dem Wahlkreis -- tagein, tagaus fordert die hohe Politik ihren Tribut. Die Bürotür nach einem langen Arbeitstag im Regierungsviertel hinter sich geschlossen, wünscht sich so mancher Bundestagsabgeordnete nur noch, in der horiziontalen Lage der Regeneration zu fröhnen. Für das Mitglied des Deutschen Bundestages, Jörg Tauss, galt es in der Vergangenheit jedoch zunächst, einen Feldzug gegen Rommel zu gewinnen. Rommel? War jener Generalfeldmarschall nicht schon im Oktober 1944 von Hitler zum Selbstmord gezwungen worden? Wie also kommt ein längst verstorbener Afrika-Veteran des Zweiten Weltkriegs dazu, ausgerechnet die heutigen Enkel der deutschen Demokratie zu nachtschlafender Zeit an ihrem wohlverdienten Feierabend zu hindern? Die Antwort liegt auf der Hand: Bei Rommel kann es sich nicht um die Gattung "Wüstenfuchs" handeln. Vielmehr gehört er der artverwandten Gruppe der Caniden an. Um genau zu sein: Der vierbeinige Boxer seines Vermieters begrüßt den SPD-Bundespolitiker jede Nacht mit lautem Gebell, so daß selbst die Nachbarschaft über den 20-Stunden-Tag von Tauss bestens im Bilde war. Weniger aus Gründen der Bürgernähe, als vielmehr wegen zunehmender Gefahr eines Herzinfarkts, waren nun List und Tücke gefragt. Mit militärischen Waffen sei in der deutschen Geschichte genug gekämpft worden, dachte sich der Bundestagsfrischling aus Karlsruhe. Und anstatt sich durch schwere Geschütze einschüchtern zu lassen, läßt sich "Rommel" auf seine alten Hundetage viel lieber mit wohlmundenden Hundekeksen zur Friedfertigkeit überreden. Jeden Montag gibt's nun "Wegezoll" -- und schon ist der Frieden bis freitags besiegelt. Seitdem weiß zumindest Boxer "Rommel", zu welchen Zeiten die Sitzungswochen der MdBs stattfinden.
Patric
Aktualisiert am 15. März 1998