Tauss am Bau
Krane drehten sich, Kubikmeter frischen Betons verschwanden hinter den Verschalungen, es wurde gebaggert und Asphalt gewalzt. Dennoch ist seit November nicht nur auf der größten Autobahnbaustelle im Bruchsaler Raum etwas anders als früher. Denn ab diesem Monat gilt für die Baggerführer und sonstigen Arbeiter am Bau eine neue Schlechtwetterregelung Vor Ort informierte sich der SPD - Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss über die Akzeptanz des neuen rot / grünen Gesetzes aus Berlin, der er im Gegensatz zu seinen CDU - Kollegen zugestimmt hat. Durch die Regelung der alten Bundesregierung verloren jährlich über 150.000 Bauarbeiter witterungsbedingt ihren Job. Wenn überhaupt wurden sie erst im nachfolgenden Frühjahr teilweise wieder eingestellt, ein Teil der älteren Bauarbeiter wurden so sogar zu Langzeitarbeitslosen. Zudem riskierten auch Bauleute in der Region hohe Einkommensverluste und Einkommensminderungen. Der Schaden für die Arbeitsämter wurde auf jährlich über 2 Milliarden DM geschätzt - davon entfielen rund 100 Millionen auf die Region Nordbaden. Wichtigster Kernpunkt der rot - grünen Reform des Schlechtwettergelds ist deshalb ein neuer Schutz vor Kündigungen wegen schlechten Wetters. Damit soll die Winterarbeitslosigkeit bei Bauarbeitern wieder drastisch reduziert werden.
Am Rande der stark befahrene Autobahn und Temperaturen unter Null Grad erläuterten die Betriebsratsvorsitzenden Gerster und Rosenfelder sowie der Sekretär der Gewerkschaft BAU, Höcker dem Bruchsaler SPD - Mann die Situation. Schlechtes Bauwetter hat nicht zwangsläufig etwas mit winterlichem Schmuddelwetter zu tun. So läßt sich eben bei gewissen Minusgraden Beton nicht mehr verarbeiten, selbst wenn über der Baustelle die Sonne scheint. Nach langen Regenperioden kann nässebedingt Material nicht mehr eingesetzt werden. Auch wenn Rot/Grün nicht auch noch fürs Wetter verantwortlich gemacht werden kann muß künftig auf dem Bau nicht mehr befürchtet werden, daß das Klima den Geldbeutel der Beschäftigten allzusehr schmälert. Denn ab der 101. "Schlechtwetterstunde" zahlt künftig wieder das Arbeitsamt, je nach Familienstand, 60 oder 67% des üblichen Nettoverdienstes als Schlechtwettergeld. Von der 31. bis 100. Stunde zahlen die Betriebe Lohnausfall und Sozialversicherungsbeiträge aus einer Winterbau - Umlage der Baubranche. Die ersten 30 Stunden werden vom Bauarbeiter selbst bei gutem Wetter vorgearbeitet. Einige Bauarbeiter nutzt die Gelegenheit des Besuchs, diesen Teil der neuen Regelung auch zu kritisieren. Siebefürchten, vor allem während der 30. bis 100. Stunde Einkommensprobleme zu bekommen. Tauss versprach, diese Situation gemeinsam mit der Gewerkschaft auch weiter zu beobachten. Denn Ziel der Neuregelung sei eine tatsächliche sofortige Verbesserung der und nicht erst ab der 101. Stunde. Tauss: "Ihr Arbeitsplatz darf nicht am Wetter hängen". Als Anreiz zur Nutzung von Zeitausgleichskonten erhalten Bauarbeiter deshalb im Zeitraum vom 15. Dezember bis 29. Februar übrigens auch ein zusätzliches Wintergeld von DM 2.- pro Stunde geleisteter Arbeitszeit. Ziel muß es nach übereinstimmender Auffassung aller am Gespräch Beteiligten sein, auch mit technischen Maßnahmen die Arbeit am Bau ganzjährig zu fördern, wo immer dies möglich ist.
Mit sogenannten Winterbauausschüssen, einer wird auch beim Arbeitsamt Karlsruhe eingerichtet, soll für eine bessere ganzjährige Auftragsvergabe beim Bau gesorgt werden. Sonst, so die übereinstimmende Befürchtung aller Gesprächsbeteiligten, wird es auch immer schwerer, qualifizierten Nachwuchs für die Baubranche zu gewinnen. Eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der sozialen Bedingungen für Bauarbeiter muß deshalb auch im Interesse der Bauunternehmer sein, betonten abschließend die Betriebsratsvorsitzenden.