Angesichts der Forderungen nach einer verstärkten Kontrolle des Internets aufgrund rechtsextremistischer Aktivitäten im Netz warnt der SPD-Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss heute in der aktuellen Ausgabe der Zeitung DIE WOCHE vor einer unnötigen Hysterie: Nazis müssen bekämpft werden - nicht das Internet selbst. Jörg Tauss ist Medienbeauftragter der SPD- Bundestagsfraktion und Vorsitzender des Bundestagsquerschnittsausschusses "Neue Medien"
Nicht das Internet muss bekämpft werden, sondern der Terror von Rechts. Bestehende gesetzliche Bestimmungen reichen völlig aus, um gegen die braunen Machenschaften im Web vorzugehen. Was Offline verboten ist, ist auch Online nicht erlaubt. Das Problem sind nicht fehlende gesetzliche Regelungen. Es ist vielmehr die schwierige Durchsetzung geltenden Rechts in weltweiten Kommunikationsnetzen. Die gegenwärtigen Forderungen nach generellen inhaltlichen Kontrollen im Netz, beispielsweise mit Hilfe von Filtersystemen, führen deshalb in die Irre. Mit dieser Technik könnte, wenn sie denn funktionierte, bei uns auch gegen Nazis gerichtete Inhalte und in anderen Teilen der Welt Demokratie und Freiheit herausgefiltert werden. Wer soll entscheiden, was herausgefiltert wird? Wir? Die USA? Der Iran oder China? Daher wäre es eine weitaus bessere nationale Strategie, das Internet selbst verstärkt für den Kampf gegen den Rechtsextremismus zu nutzen. Braune Web-Seiten sind mit aufklärenden Inhalten über den Holocaust zu verlinken. Kritische Domainnamen sollten nicht automatisch gesperrt, sondern mit Informationen und Hintergründen zur Nazi-Diktatur gefüllt werden.
Die Errichtung des Holocaust-Mahnmals in Berlin wäre eine ausgezeichnete Gelegenheit, das Gedenken an die Opfer der Vergangenheit mit dem Kampf gegen Rechts zu verbinden. Die Einrichtung eines Zentrums für den Kampf gegen Rechtsextremismus im Netz könnte ein Symbol sein, dass das Mahnmal nicht nur Stätte und Haus des Gedenkens ist, sondern auch zum Ausgangspunkt einer zukunftsgerichteten Offensive wird. Nicht gegen das Internet sondern mit dem Netz könnte so der braune Sumpf bekämpft und für eine demokratische und offene pluralistische Gesellschaft geworben werden.