Jörg Tauss, MdB


Zur Podiumsdiskussion der Evangelische Akademie Tutzing:

"Bürgerrechte in der virtuellen Welt - Persönlichkeitsschutz im Internet"

Anläßlich der Podiumsdiskussion der Evangelischen Akademie Tutzing zum Thema: "Bürgerrechte in der virtuellen Welt - Persönlichkeitsschutz im Internet" am 08.Juni 1999 warnt der stellvertretende forschungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jörg Tauss, vor den Risiken aufgrund überzogener Sicherheitsanforderungen. Mit der "umfassenden" Überwachung der Kommunikation in den Datennetzen werde Kriminalität nicht verhindert oder erfolgreich bekämpft; ganz im Gegenteil: Durch das Einbauen von Sollbruchstellen - auch wenn sie eigentlich zur rechtmäßigen Überwachung elektronischer Kommunikation durch die Sicherheitsbehörden gedacht sind, laufe man Gefahr, Computerkriminalität - etwa Wirtschaftsspionage - erst zu erzeugen.

Jörg Tauss: ENFOPOL: Sicherheitsgefährdung durch überzogene Sicherheit?

Der stellvertretende forschungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jörg Tauss, spricht sich anläßlich der Podiumsdiskussion der Evangelischen Akademie in Tutzing zum Thema "Bürgerrechte in der virtuellen Welt - Persönlichkeitsschutz im Internet" für einen umfassenden und konstruktiven Dialog zwischen Politik, Sicherheitsbehörden, Wirtschaft und Wissenschaft aus und fordert endlich Transparenz der Entscheidungsstrukturen und –prozesse bei der Entwicklung neuer Eingriffsbefugnisse für die Sicherheitsbehörden. Werden die bislang geplanten Konzepte, beispielsweise die ENFOPOL-Anforderungen, umgesetzt, steht zu befürchten, daß die "Bürgerrechte in der virtuellen Welt" in weit überzogenem Maße eingeschränkt, der Wirtschaftsstandort Deutschland gefährdet und Wirtschaftskriminalität gefördert werden.
Mit der heutigen Veranstaltung, die von der Evangelischen Akademie Tutzingen ausgerichtet wird, wird die noch junge und längst überfällige Debatte über die neuen Gefährdungen sowie die sicherheitspolitischen Entwicklungen in der (globalen) Wissens- und Informationsgesellschaft fortgesetzt.
Die zunehmende Bedeutung der neuen Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten in allen gesellschaftlichen Bereichen bringt – und das ist unumstritten - auch eine Reihe neuer Gefährdungen und Bedrohungen mit sich. Vor allem die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung sowie die neuen Möglichkeiten des "Spurenverwischens", beispielsweise durch die Nutzung kryptographischer und steganographischer Verfahren, stellt die Sicherheitsbehörden vor grundsätzlich neue Herausforderungen. Das kann aber nicht zur Folge haben, daß die Eingriffsbefugnisse der Sicherheitsbehörden – und noch dazu geradezu konspirativ unter Ausschluß der Öffentlichkeit – immer weiter und über das Ziel hinaus ausgeweitet werden.
Natürlich ist es notwendig, um auch dies klar zu sagen, die Sicherheitsbehörden in die Lage zu versetzen, Kriminalität auch in den Datennetzen effektiv zu verfolgen. Eine Übertragung der für die Überwachung des "klassischen" Telefonverkehrs entwickelten Konzepte auf globale Datennetze, wie dies derzeit auf europäischer Ebene vorbereitet wird, hätte jedoch fatale Folgen. Damit stünde nicht nur die umfassende Überwachung der Datenkommunikation auf der Tagesordnung, vielmehr werden mit diesen Überwachungsschnittstellen Sollbruchstellen erst aufgebaut, die zu (Computer-) Kriminalität und Wirtschaftsspionage geradezu einladen.
Neue technische Entwicklungen verlangen jedoch auch neue politische Konzepte. Notwendig ist also auch bei der Kriminalitätsbekämpfung in den Datennetzen - also in der oft so bezeichneten "virtuellen Welt" - eine Abwägung zwischen den Interessen der inneren Sicherheit, der Bewahrung von Bürger- bzw. Persönlichkeitsrechten und den Möglichkeiten der wirtschaftlichen Entfaltung. Hierzu ist dieser Dialog zwischen Politik, Sicherheitsbehörden, Wirtschaft und Wissenschaft – und hier sind vor allem die Rechtswissenschaft und die Informatik zu nennen – ein wichtiger erster Schritt. Die Sicherheitsbehörden sind aufgefordert, in einer weniger emotionalen, sondern öffentlichen und sachlichen Diskussion ihre Probleme und die aus ihrer Sicht notwendigen Eingriffsbefugnisse zu formulieren; Wirtschaft und Wissenschaft sind aufgefordert, damit möglicherweise einhergehende Probleme zu benennen.


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