Jörg Tauss, MdB


Übersicht 21.11.2001

Zu den Medienberichten über Sperrungen von Websites erklärt der bildungs- und forschungspolitische Sprecher und Beauftragte für Neue Medien der SPD-Bundestagsfraktion, Jörg Tauss:

Täter müssen verfolgt werden, nicht das Internet

Gezieltes Sperren von Websites ist rechtlich bedenklich und technisch nicht umsetzbar Laut Presseberichten haben Provider erstmals den Zugang zu problematischen Inhalten gesperrt. Dabei sollen bestimmte Angebote über eigene DNS-Server umgeleitet worden sein. Wer als Kunde eines solchen Providers nun diese problematischen Inhalte aufruft, wird automatisch auf die Seite der Bezirksregierung Düsseldorf umgeleitet.

Natürlich ist es notwendig und richtig, die Verbreitung von rechtsradikalen und pornographischen Inhalte entschieden zu bekämpfen. Es kann und darf jedoch nicht das Ziel sein, diejenigen zu kriminalisieren, die lediglich den Zugang zu den Datennetzen ermöglichen, aber keinen Einfluss auf die Inhalte nehmen können. Maßnahmen, wie Zensur, die Verpflichtung zur automatischen inhaltlichen Filterung oder eine generelle Überwachung elektronischer Kommunikation können für demokratisch verfasste Staaten nicht in Betracht kommen.

Letztlich ist auch die DNS-Umleitung aus rechtlicher Perspektive als problematisch und aus technischer Perspektive als bestenfalls wirkungslos anzusehen. Wer legt denn fest, welches Angebot wirklich umgeleitet werden soll - und zudem wohin? Jede Nutzerin und jeder Nutzer kann darüber hinaus diese Umleitung mit einfachsten Mitteln umgehen, indem er einen anderen DNS-Server verwendet.

Das Sperren einzelner Seiten mit unerwünschten Inhalten im World Wide Web ist mit anderen Worten technisch unwirksam und rechtlich höchst umstritten. Vor allem aber trägt es dazu bei, dass die beanstandeten Seiten erst bekannt und auf zahllosen Servern "gespiegelt" werden, was die Sperrungen wiederum ins Leere laufen lässt. Dies ist auch das Resümee einer Expertenanhörung gewesen, zu der die Düsseldorfer Bezirksregierung eingeladen hatte. Aus diesem Grund sind die laut Presseberichten derzeit vorgenommen Sperrungen nicht nachvollziehbar und bestenfalls damit erklärbar, dass die Provider die technische Unmöglichkeit derartiger Forderungen demonstrieren wollten.

Viel wichtiger als die immer wieder vorgetragene Forderung nach der Sperrung bestimmter Inhalte ist die Förderung teilnehmerautonomer Filtertechnologien, mit der Nutzer (z.B. Erziehungsberechtigte) bestimmte Inhalte "ausblenden" können. Vor allem aber gilt es, junge Menschen in die Lage zu versetzen, kompetent und verantwortungsbewusst mit diesen neuen Medien umzugehen. Der politische Aktionismus, den die Bezirksregierung Düsseldorf hier an den Tag legt, bleibt letztlich nur Schaumschlägerei. Vielleicht erkennt man nun angesichts der offensichtlichen technischen Unmöglichkeit derartiger Forderungen - wobei die rechtliche Zulässigkeit derartiger Forderungen auf einem ganz anderen Blatt steht - auch in Düsseldorf, dass die Täter und Verursacher derartiger bedenklicher Inhalte verfolgt werden sollten, nicht aber das Internet.


[Hauptseite]   [Zur Person]   [Wahlkreis]   [Bundestag]   [Kontakt]   [Links]