Jörg Tauss, MdB


Zu Protokoll gegebene Rede zum FDP-Gesetzentwurf zum Stiftungsrecht, vom 31. Mai 2001.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Hans-Joachim Otto, Rainer Funke, ..., Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP: "Entwurf eines Gesetzes für eine Reform des Stiftungszivilrechts (Stiftungsrechtsreformgesetz)"

Rede zum Stiftungsrecht

Jörg Tauss:

Sehr geehrte/r Frau/Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

vor knapp einem Jahr haben wir hier im Deutschen Bundestag die Reform des Stiftungssteuerrechts beschlossen.

Nach jahrelangem Nichtstun auf diesem gesellschaftspolitisch so wichtigen Gebiet des Stiftungsrechtes - nach jahrelangen Diskussionen und Ankündigungen als Regierungspartei - scheint die FDP-Fraktion vor stiftungsrechtlichem Eifer nur so zu sprühen und legt nun im Abstand von wenigen Monaten den 3. Entwurf für eine Novellierung des Stiftungsrechtes vor - schon allein die Haltbarkeitsdauer der jeweiligen Entwürfe ist Beleg für die Qualität der jeweiligen Entwürfe.

In der Begründung des Gesetzes heißt es: "nach jahrelangen Diskussionen innerhalb und außerhalb des Parlaments wurde am 14. Juli 2000 die Reform des Stiftungssteuerrechtes beschlossen. Diese Reform steht bis heute aus." Nun, so selbstkritisch hätte man dies seitens der FDP-Fraktion gar nicht erwartet - denn als Koalitionspartner der vorherigen Regierung ist sie für den aufgelaufenen Reformstau mit verantwortlich, den sie hier an den Pranger stellt.

Die rot-grüne Bundesregierung hat bei der Verabschiedung des Stiftungsrechtsreformgesetzes im vergangen Jahr weitere Schritte angekündigt. In meiner Rede bei der Verabschiedung habe ich den Gesetzentwurf der Bundesregierung als Grundstein einer weitaus umfassenderen Reform bezeichnet. Natürlich muss insbesondere über die zivilrechtlichen Rahmenbedingungen zur Errichtung einer Stiftung nachgedacht werden und dies erfolgt auch gegenwärtig in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Wir werden seitens der Koalitionsfraktionen darauf aufbauend Vorschläge hierzu unterbreiten.

Aber, und hier unterscheiden wir uns, lieber Herr Kollege Otto, anders als Ihre Fraktion werden weder die rot-grüne Bundesregierung noch die Koalitionsfraktionen im Abstand von weniger als zwei Jahren drei sich einander nahezu ausschließende Gesetzesentwürfe vorlegen, wobei der erste überhaupt nicht als Diskussionsgrundlage angesehen werden kann und die Unausgereiftheit des zweiten nur noch von der Unausgereiftheit des heute zu diskutierenden damit dritten Gesetzentwurfes übertroffen werden konnte.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung - also eine große deutsche Tageszeitung, die vermutlich nicht unbedingt in dem Verdacht steht, besonders regierungsnah zu sein - hat sich mit diesem stiftungsrechtlichen Findungsprozess der FDP sehr ausführlich befasst. Und, ohne in den Verdacht parteipolitischer Vorfestlegung zu kommen, kann ich die FAZ als Kronzeugen für den stiftungsrechtlichen Wirrwarr anrufen, den Sie hier - nun in der Version 3.0 - heute vorlegen. Überschrieben ist der Artikel mit den Worten: "Langer Weg, kurzes Adieu - Die FDP verirrt sich im Stiftungsrecht" - und einen schöneren und zutreffenderen Titel hätte man kaum finden können.

Im Januar 1999 hat die FDP einen Entwurf vorgelegt, der zwar laut Pressemitteilung das Stiftungsrecht nicht nur reformieren, sondern revolutionieren sollte, bei den Experten aus Wirtschaft, Verbänden und Wissenschaft lediglich beißende Kritik erntete. Losgelöst von jeder Rechtstradition sollten Stiftungen ohne jede Genehmigung oder Registereintragung durch einfache notarielle Beurkundung entstehen können - eine Vorstellungen, die selbst den Notaren unheimlich war. Bewertung der FAZ: "Konzeptionslosigkeit und mangelnde Durchdringung der Stiftungsrechtdogmatik wurde dem Entwurf vorgehalten. Man hatte halt danebengeschossen, aber was sollte es: Hauptsache, das Thema stimmte."

Im März 2000 legte die FDP einen neuen Entwurf vor und nunmehr sollten Stiftungen nicht im Wege freier Körperschaftsbildung, sondern durch Eintragung in ein Stiftungsregister entstehen. Immerhin ein Fortschritt. Dumm nur, dass die Frage, nach welchen Maßstäben und mit welcher Publizitätswirkung denn ein solches Register geführt werden sollte - vermutlich waren diese Regelungen zu kompliziert und so ließ man diese in der Vorlage des Gesetzentwurfes einfach weg.

Dafür kamen andere und vor alles andere als liberale Vorschläge: Ohne Begründung hieß es plötzlich, dass auf Stiftungen, die nicht rechtsfähig sind, die Vorschriften für rechtsfähige Stiftungen entsprechend Anwendungen finden. Vermutlich war es wohl wieder zu kompliziert oder aber die Zeit für die Wiedervorlage eines Gesetzentwurfes reichte nicht aus, eine bewährte Differenzierung auch in den rechtlichen Regelungswerken fortzuschreiben. Dieser FAZ-Artikel fasst den Unsinn des ach-so-liberalen 2. Stiftungsrecht-Entwurfes wie folgt zusammen: "Das hatte mit Deregulierung des Stiftungsrechts wenig zu tun. De facto kam es vielmehr einer Abschaffung dieser Stiftungen gleich. Immerhin waren sie in der Vergangenheit gerade wegen ihrer großen Gestaltungsflexibilität und mangelnder staatlicher Gründungsbeteiligung so geschätzt. Erneut schrien die Fachleute auf. Doch Hauptasche, die Schlagzeilen stimmten: Mit der FDP für ein liberales Stiftungsrecht! Was immer das auch heißen mochte." Ende des Zitates.

Mit der vollmundigen Ankündigung, dass eine Stärkung der Stiftungen ein modernes Stiftungsrecht voraussetze, welche die FDP nun schaffen werde, hat die FDP nun ihren heute zur Beratung anstehenden Gesetzentwurf im letzten Monat mit großem Getöse der Presse vorgestellt - sozusagen als dritten Versuch. Die FDP wäre gut beraten gewesen, hätte sie auch auf ihre eigenen Experten gehört und sich doch etwas mehr Zeit genommen, um ihren dritten Anlauf vorzubereiten. Nun werden mit diesem Gesetzentwurf Stiftungen gesetzlich definiert als "nichtmitgliederschaftlich organisierte juristische Personen, die ein Zweckvermögen verwalten". So weit, so gut und auch noch nicht wirklich neu. Solche juristischen Personen sollen als "rechtsfähige oder nichtrechtsfähige Stiftungen" errichtet werden können. Fragen wir wie die FAZ: "Jeder Jurist fasst sich da an den Kopf: Nichtrechtsfähige Stiftungen als juristische Personen? Wie soll das gehen?" Zitatende.

Fast scheint es so, dass hierbei die Entwürfe der FDP etwas durcheinandergeraten sind, ich möchte jedoch das Ordnen der Versionen der FDP überlassen. Sehr geehrte Damen und Herren der FDP-Fraktion, lieber Herr Otto: Die FAZ schlussfolgert in ihrem Bericht über die stiftungsrechtlichen Irrungen der FDP wie folgt: "Um Publicity geht es, nicht um die Sache."

Und, das man - wenn man sich den mal sachlich orientieren würde - auch Erfolg haben kann, belegt ein Blick in die heutige Frankfurter Allgemeine Zeitung. Dort heißt, dass das Gesetz zur weiteren "steuerlichen Förderung von Stiftungen" vom 26. Juli 2000, das rückwirkend zum 01. Januar 2000 in Kraft trat, die Rahmenbedingungen für Stifter erheblich verbessert und zu einer Vielzahl von neuen Stiftungsgründungen geführt hat - die FAZ spricht gar von einem Stiftungsboom im Jahr 2001.

Doch kommen wir, denn das ist ja das eigentliche Thema heute, zum stiftungsrechtlichen Wirrwarr der FDP-Fraktion zurück. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung beschließt ihren Artikel über die vergeblichen Mühen der FDP im Stiftungsrecht mit der Feststellung, dass sich die FDP mit ihrem dritten Entwurf zu einer Reform des Stiftungszivilrechts aus der - ich zitiere wörtlich - "ernst zu nehmenden Diskussion endgültig verabschiedet hat. Schade." Zitatende.

Dieser Feststellung braucht lediglich noch hinzugefügt werden, dass dies leider nicht nur den Bereich des Stiftungsrechtes betrifft. Schade, lieber Herr Kollege Otto.


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