Anlässlich der 16. Arbeitstagung des Deutschen Forschungsnetzes und zur Weigerung des Düsseldorfer Regierungspräsidenten, Die Sperrungsverfügung gegen Internet-Zugangsprovider zurückzunehmen, erklärt der bildungs- und forschungspolitische Sprecher und Beauftragte für Neue Medien der SPD-Bundestagsfraktion, Jörg Tauss:
Die hartnäckige Weigerung des Düsseldorfer Regierungspräsidenten, die wirkungslose Sperrungsverfügung gegen Internet-Access-Provider in NRW zurückzunehmen, ist rechtlich eine Zumutung und politisch fehlgeleitet. Herr Büssow ist als selbsternannter Internet-Saubermann auf einem privaten Kreuzzug und zielt in erster Linie auf die medienwirksame Verwertung seines moralisch sicherlich heren Anliegens. Dabei geht es eben nicht nur um 2 Internet-Angebote, vielmehr geht Herr Büssow selbst bereits von 6.000 ähnlich kritischen Angeboten aus, und Morgen werden es sicherlich 60.000 und Übermorgen - wenn wir die jugendschutzrelevanten und urheberrechtlich kritischen Angebote hinzuzählen - gar 6 Millionen Angebote sein, die die Access-Provider für das Ziel ein „sauberes und reinen“ Internet nicht zugänglich machen sollen. Damit machen wir die Infrastrukturanbieter zu Hilfspolizisten, und das, ohne dass diese technisch in der Lage sind, diese Verpflichtungen auch nur ansatzweise zu erfüllen. Gerade als symbolischer Akt politischer Handlungsfähigkeit taugt die Sperrungsverfügung in keinem Falle. Denn die Frage nach der Effektivität der Sperrungsmöglichkeiten, die selbst Herr Büssow bei DNS-Umleitungen nicht als hoch erachtet, wird von der Öffentlichkeit und von der Wirtschaft, die diese zu bezahlen hat, zunehmend gestellt werden.
Besonders tragisch für Herrn Büssow ist es, dass seine letzte Hoffung auf ein sauberes Internet mithilfe von technischen Mitteln, nämlich die netzseitige zentrale Filterung beim Access-Provider mithilfe einer eigenen Filterinfrastruktur - etwas demokratietheoretisch bedenklicheres kann man sich kaum vorstellen - , sich in Luft aufzulösen scheint. Die Ergebnisse einer Testinstallation bei der Universität Dortmund - die sich aus unerfindlichen Gründen für diesen Test mit Herstellern bereitfand, die seit Jahren verkünden, dass alles technisch möglich sei - sind zumindest bescheiden. Sie lasse sich darin zusammenfassen, dass die Netzfilterung zwar nicht funktioniere, aber sie vom Ansatz her dennoch möglich sei, wenn die Rahmenbedingungen andere wären. Genau dies war übrigens jahrzehntelang die auch Erklärung für die mangelnde Effektivität des Kommunismus oder die mangelnden Erfolge des Monetarismus. Die Universität Dortmund freilich wird zu erklären haben, weshalb sie an einem Projekt, dass neue Möglichkeiten der zentralen Inhaltekontrolle im Internet zum Ziel hat, überhaupt teilnimmt.
Herr Büssow führt daher im Grunde einen einsamen privaten Kreuzzug gegen das Böse in der Welt und gegen die Internet-Infrastrukturanbieter im Besonderen. An Herr Büssows Wesen soll die Welt genesen. Und dies, ohne die rechtlichen Rahmenbedingungen und die tatsächlichen technischen Möglichkeiten und Grenzen zu berücksichtigen und auch ohne die politischen Grundsatzfragen auch nur zuzulassen. Für die SPD-Bundestagsfraktion steht ausser Frage, dass eine zentrale automatisierte Inhaltekontrolle im Internet, so sie denn irgendwann möglich wird, mehr Probleme schafft als löst.